Also heute bleib ich wirklich im Bett, bis mich das emsige Treiben aus dem Frühstücksraum nebenan heraustreibt. Das Riad serviert ein umfangreiches Frühstück, viel mehr als ich schaffe, und dann bummel ich so langsam los. Sachen umpacken, und gemächlich die N1 hoch nach Agadir. Gemächlich ist übrigens oberstes Gebot. Zum einen gibt es gleich drei Radarkontrollen, zum anderen sind die letzten 45 Minuten südlich von Agadir ein einziges lebhaftes Straßendorf. 80, 60, 40 km/h, Kreisverkehr, Leute, Mopeds, quirliges Treiben allerorten, Märkte entlang der Straße. aus der Autobahn ist hier längst eine Geschäftsstraße geworden. Augen auf im Straßenverkehr. Noch mal Volltanken, ein Bettler bekommt das ganze Kleingeld, Allah sei gedankt.
In Agadir sieht es grüner aus als Gedacht, die Palmen werden gewässert, Straßenkehrer sammeln den Müll entlang der Schnellstraße. Ja, es wird.
Überpünktlich bin ich am Flughafen, verhandel mit dem Personal von Hertz noch den Zustand des Fahrzeugs, welches ihnen nicht sauber genug ist. Ein bishcen Smaltalk glättet die Wogen, sie lassen es durchgehen.
Der Flughafen Agadir ist eigentlich ideal von der Größe, und alles läuft wie am Schnürchen, bis Condor die ersten 40 Minuten Verspätung bekannt gibt, aus denen dann eher 90 werden.
Das hat weitreichende Folgen für meine Zugverbindung, da gleich mehrere Verbindungen nicht mehr erreiche. Und Richtung Osten fährt nach 21:00 überhaupt kein Zug mehr. Na schönen Dank auch. Die Liebe Familie liest mich dann kurz nach nach Mitternacht am Bahnhof Würzburg auf, zum Weihnachtsabend liege ich rechtzeitig unter der Palme, ähm.. Weihnachtsbaum :-)
Fazit
Und wie wars diesmal in Marokko ? Ich kehre heim mit einem weinenden und einem lachenden Auge, auch daher da diese Reise ein Blick zurück auf die Entwicklung Marokkos Süden in den letzten 15 Jahren ist. Auf der traurigen Seite - Marokko verliert mit rasender Geschwindigkeit seinen "Abenteuerbonus", es verwandelt sich in ein Land der moderne, jetzt auch im Süden des Landes. Mit Mobilfunknetz überall, brauchbaren Unterkünften und Restaurants an allen größeren Orten und superschnellem Straßennetz. Aber genau dadurch wird es auch immer leichter erreichbar und bereisbar. Mit einem SUV erreicht man heutzutage Stellen wo man vor einiger Zeit nur im Doppelpack zweier Allradfahrzeuge losziehen konnte. Die Satelittenbilder aus GoogleMaps sind oft wesentlich aktueller als jede Karte oder selbst die eigene Google Maps Straßenkarte. Die Konvois von europäischen Geländewagen und Allrad-LKW weit jenseits der 50000€ Marke welche sich tausende km über Marokkos neue Autobahnen Richtung Süden wälzen erscheinen wie ein Anachronismus. Werden sie noch ein Plätzchen finden wo kein Hymer-Mobil neben ihnen parkt? wie fühlt man sich damit noch weiter unten, wo der Fahrzeugwert das Lebenseinkommen eines Einwohners übersteigt? Ich kann es auch nicht beantworten.
Mit den Bau der zahlreichen Autobahnen verschwinden Reisepunkte welche hundert Jahre und länger Bestand hatten. Die Queds als Rast- und Frischwasserpunkte werden nur eine Brücke in der Landschaft, von der es kein Entkommen gibt. Doch bei steigenden Verkehrsaufkommen ist es vielleicht eine gute Sache wenn die Queds mehr Ruhe für die Natur und Lebensraum für die Tierwelt zurückbekommen.
Doch die Queds, als jahrtausendealte Adern des Lebens in diesem Land sind ein wunder Punkt. Das nahe Grundwasser in ihnen wird mit immer tieferen Brunnen gefördert, für immer mehr Bewohner und immer größere Felder, Plantagen und Gewächshäuser. Staudämme in den Bergen entziehen ihnen Wasser lange bevor es die durchströmen kann. Die Wurzeln der Palmenhaine in den Oasen erreichen kein Grundwasser mehr und sterben allerorten. Die traditionellen Lehmorte haben keinen Platz mehr in der modernen Welt und den sterbenden Hainen, Marokko möchte diese Zeit und seine Wurzeln möglichst schnell hinter sich lassen. Sie werden zu Müllhalden, in der Hoffnung das eine Flutwelle alles ins Meer spült.
Letzten Sommer erlebte Agadir das erste Mal eine 50°C Hitzewelle, und tausende Bäume starben ab. wir haben Ende Dezember, bisher hat es einen einzigen Tag im November mal geregnet. Das ist ganz übel. Wenn die Kurve aus steigendem Wasserbedarf und schwindenden Ressourcen kollabiert wird wohl die nächste Epoche für das Land anbrechen.
Doch Marokko bricht auch erfolgreich auf in die Moderne. Zwar werden weiter Tankstellen gebaut als ginge das Öl nie aus, von dem Marokko keins hat - aber es gibt auch riesige, endlose Windparks welche sauberen Strom liefern. Bisher unerschlossene Hütten ziert plötzlich ein Solardach - ich wäre sonst nicht sicher gewesen das da jemand lebt...
Müll ist wie in vielen Ländern Afrikas ein riesiges Problem. Entlang der Küste blasen die Saharastürme alles ins Meer was nicht festgebunden ist. Erfolgreich hat sich Marokko schon vor Jahren von Plastetüten verabschiedet, doch Flaschen und Kanister, Zeltbahnen, Büchsen, Pappen, Autoreifen -alles verteilt der Wind über das Land. Wenn man 5Km von der Küste in einer Dünenlandschaft aussteigt, und die Steinwüste ist übersät mit Plasteteilchen wohin man auch tritt - niemand kann das je bereinigen. Müllentsorgung, ja schon Mülleimer überhaupt sind in den meisten Orten völlig unbekannt, erst langsam entwickelt sich da ein Bewußtsein.
Die Menschen welchen ich begegnet bin waren freundlich und zurückhaltend. Im gesamten Souk von Tiznit wurde ich nicht einmal angesprochen. Sie waren hilfsbereit und interessiert an Erfahrungsaustausch. Sprachbarrieren sind heute deutlich leichter zu überwinden.
Die Rolle der Frau ist auch weiterhin eine Frage der Perspektive. Frauen führen - wenn auch oft etwas im Hintergrund- Hotels, Restaurants und Geschäfte. Polizistinnen stoppen dich in den Städten. Männer wie Frauen folgen in Marokko unterschiedlichen Traditionen und religiösen Überzeugungen. Hier haben, so glaube ich, auch europäische Frauen oft einen voreingenommen und getrübten Blick und mangelnde Tolleranz, und wohl nie mit einer Berberin gesprochen.
Ein Freude ist zu sehen das das Fernwehvirus scheinbar nicht ausgerottet werden kann. Fahrradfahrer Richtung Maretanien. Tschechiche Motorradfahrer völlig ohne Reiseroute. Holländische Subarus auf den Weg an die Elfenbeinküste. Deutsche Toyota RAV4 auf den Weg nach Benin. Noch immer brechen Menschen aus ihrer Blase aus, nur um irgendwo hinzukommen, obwohl doch gefühlt heutzutage aller Konsum und alle Medien zu einem kommen.
Sicherheit ist in Marokko ein allgegenwärtiger Aspekt. Marokko ist ein Land der staatlichen Kontrolle. Der polizeilichen und militärischen Kontrolle. Sie ist allgegenwärtig und überall präsent - und Marokko liegt mit allen Nachbarländern in Fehde. Mauretanien, Westsahara, Algerien. Man fotografiert nichts wo ein Militärangehöriger davor steht und schon gar nicht jenen selbst, das Militär verweist einen höflich aber bestimmt von den tausenden Militärposten entlang der südlichen Küstenlinie usw. Im Gegenzug ist das Reisen sicher und auch der Aufenthalt in den Orten. Es gibt natürlich keinen Alkohol, und auch das manch es in den Innenstädten sicherer. Diebstahl ist ehr selten. Wer bei Diebstahl an Touristen erwischt wird - den sieht man so schnell nicht wieder.
Die allgegenwärtigen Polizeikontrollen sind gefühlt rückläufig, man wird weniger oft angehalten und mehr durchgewunken - auch eine Folge des steigenden Verkehrsaufkommens. Im Gegenzug installiert Milität und oder Polizei Überwachungskameras innerorts an den Durchfahrtsstraßen.
Für Marokko empfehle ich was für viele Länder gilt - fahrt hin solange von dem Land noch etwa ist.
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