Als ich um 8:00 Uhr alleine zum Frühstück im Restaurant erscheine beginnt es draußen gerade hell zu werden. Die Nacht war so wie man sich das in einem 2* Hotel an der Hauptstraße so denkt. Die Balkontür mit Spalt und ohne Dämmung ließ bis spät in die Nacht den Lärm herein, vor allem knatternde Mopeds und bellende Hunde. Das die Tür nur auf eine Nebenstraße ging nütze gar nichts.
Das Frühstück ist einfach aber viel, ich pack mir gleich mal ein halbes Brot und das Omlett für Mittag ein. Auf jeden Fall ist zumindest der Kaffee absolut erstklassig.
Nun gut, verlassen wir Tan-Tan, die Autobahn bringt mich in knapp 30 min an die Küste nach El Quatia. Der ehemalige Fischerort expandiert zum Industriestandort, Fischfang und eine Rafinerie scheinen zu dominieren und sorgen für kräftiges Wachstum.
Von hier geht die N1 die Küste entlang, so mehr oder weniger. Etwa 250km bis Tarfaya und 300 bis Laayoune. Unterwegs zahlreiche Queds, Lagoonen und Salzpfannen. Auf den ersten 100km ist die Autobahn im Bau, mehr oder weniger 50m neben der bisherigen N1, welche ebenfalls über weite Strecken etwa 50m neben der ursprünglichen, ersten N1 liegt. Auf den restlichen 200km ist die Autobahn fertig. Im wesentlichen heißt das 300km - 3h. Wenn man will. Ich will eigentlich nicht. Auch ist die Vorstellung man könnte bei Bedarf auf die alte Piste wechseln ein völliger Irrglaube. Erstens gibt es keinen Wechsel durch Straßengräben, zweites sind die alten Strecken an undefinierbaren Stellen weggerissen und drittens nicht gepflegt-könnten also unter Sand liegen. Es gibt alternativlos die aktuelle Autobahn.
Doch was ich will interessiert heute eh nicht. Kaum mache ich mich wieder auf den Weg frischt der Wind zum Sturm auf, und bläst den gesamten Tag die halbe Sahara aus Osten hinaufs aufs Meer.
Sichtweite im besten Fall 500m, manchmal nur 100m. Fenster auf oder aussteigen? Unmöglich.
Die Umgebung und alle Orte verwandeln ich in eine Geisterlandschaft, für den ganzen Tag.
Der Ausbau der N1 zur Autobahn bringt weitere Konsequenzen mit sich - es gibt weder Abfahrten noch Rastplätze. Das Konzept ist in Marokko nicht vorgesehen. Das erste mal zu spüren bekomme ich das am Qued Chibka. Ein schönes Tal wo sich der Fluß samt Dünen ins Meer erstreckt. Leider - alles Baustelle, Dambau für die Autobahn, Halden von Gestein, Rohrdurchführungen usw. Keine Chance für eine Abfahrt. Na gut, tröste ich mich, Bilder werden eh nichts und aussteigen ist praktisch unmöglich. Vielleicht wirds ja besser.
Am Qued Ma Fatma 50km weiter wittere ich meine Chance. Denn hier steht zwar eine riesen Autobahnbrücke welche das Tal komplett überspannt, aber die ist noch nicht freigegeben und alles läuft über die kleine Brücke unten im Tal. Und ja, es gibt noch Abfahrten. Nur aussteigen ist unmöglich. Ich versuch es noch mal direkt unten im Tal, aber bin sofort paniert vom Sand. Der Brückenbau beschert dem Tal außerdem eine riesige Abraumhalde, doch solche Nebeneffekte stören in Marokko niemand.
Auf der weiteren Strecke nimmt der Sand zu. Zumindest bleibt er nicht auf der Autobahn liegen...
Ich passiere noch ein weiteres namenloses Qued über die Autobahn und erreiche kurz vor Mittag Akhfenir. Ein Mittelding aus Versorgungsort und Badeort, früher Stationspunkt der Rally Paris-Dakar. Mit ein paar akzeptablen Restaurants und einem neuen 3 Sterne Hotel. Heute aber wie ausgestorben, der ganze Ort sucht Zuflucht vor dem Sand welche durch die Straßen bläst. Ich dreh eine kleine Runde und fahre weiter, vorbei an ein paar Strandloges und mit Ziel auf die Lagoune und Naturschutzgebiet Khnifiss, welche sich weit ins Land erstreckt und in Salzpfannen ausläuft und malerisch von Dünen eingerahmt ist.
Vor Ort gibt es erwartungsgemäß ein verlassenes Verwaltungsgebäude, 4 Fischerhütten, einen dazu passenden Steg mit Booten, und 3 Wohnmobile welche hier gar nicht stehen dürften.
Mit Blick auf die in Staub gehüllte Lagoune packe ich mein Mittag aus, und beschließe danach wenigstens die paar Stufen zum Anleger mal runterzulaufen. Die Treppen sind aber fast zugeweht, und so wie ich hinabsteige gibts Sand nicht nur von der Seite sondern auch vom Steilhang über mir.
Danach bin ich vollständig eingesandet für den Rest des Tages.
Die Lagoone ist übrigens auch Zwischenstop für Flamingos, und die bleiben angeblich immer länger. Aber heute nichts außer ein paar Möven :-). Weiter gehts, nur ein paar km weiter wieder rechts ab, Zufahrt z uden Salzfarmen. Vor mir qält sich ein tieflader hinunter und irrt dann unten erst mal ziellos herum weil keine Strecke mehr erkennbar ist. Das hat kein Zweck, ich erkenne die Flächen durch den Staubdunst, aber es hat keine Zweck bei dem Wetter. Und sowas wie ein Visitor Center gibts natürlich sowieso nicht. Hier geht es nur ums Salz, nicht um Touristen. Und die restlichen Viewpoints kann ich mir auch sparen.
Noch lange bevor ich Tarfaya erreiche begleitet mich der enlose Strand El Boura, weiteres Anglermekka wie den vereinzelten Hütten zu entnehmen ist. Dann bin ich drin in Tarfaya.
zu dem Ort gibt es shcon immer interessante Anekdoten. Hier war der Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry , Erfinder des "Kleinen Prinzen" stationiert und flog vom hiesigen Flughafen Post Richtung Norden. Bis er bei den Dünen von Merzouga abgeschossen wurde, wo heute eine Flugzeugnachbildung seiner erinnert.
Hier steht an der Hafenpromenade ebenfalls eine kleine Doppeldeckerskulptur welche seiner erinnert - genau so wie ein winziges Museeum ein paar Meter weiter.
Doch Tarfaya war schon immer ein wichtiger Stützpunkt, davon zeugt noch das "Wasserschloß", die Casa del Mare, dessen Ruine am Ufer steht. Noch, möchte ich betonen, denn lange wird es den Wellen auf der seeseite nicht mehr standhalten. Das Gebäude ist eine Hinterlassenschaft der Engländer um 1880.
Und die Spanier blieben lange, an der Promenade steht ebenfalls eine verfallende Garnision.
Heute dominiert der große Hafen das Geschehen. Eine Promenade mit Holzpavillions soll etwas Badeflair versprühen, doch der Kampf gegen den Sand ist ein Kampf gegen Windmühlen. Nichts hält ihn auf. Beinahe hätte es einen schönen wirtschaftlichen Aufschwung gegeben als vom Hafen eine Fährverbindung nach Fuerteventure eröffnete. Die Kanaren sind von hier nämlich nur einen Katzensprung entfernt. Doch das nicht sehr rüstige Schiff mit spanischer Rederei, Kubanischer Manschaft und Flagge von Pannama kollierte nach kurzer Zeit mit der Hafenmauer, schlug leck, lief manövrierunfähig auf Grund, und fristet seit dem sein Dasein ein paar Kilometer südlich auf einer Sandbank. Aus der Traum. die Fährgesellschaft AMRAS machte dicht. Heute noch gut genug für einen Fotospot :-)
Nach dem Schiffswrack kehre ich nicht wieder auf die Autobahn zurück sondern nehme gleich die frisch asphaltierte Küstenstraße. Ist genau so schnell und interessanter. Und manchmal blitzt zwischen dem Dunst und den Dünen sogar der Atlantik durch. Dünen? Richtig, je weiter ich komm desto mehr davon wachsen aus der steinigen Ebene. So zwischen 5 und 10m hoch würde ich schätze. Und alle frisch geföhnt durch den Sturm.
Ich erreiche Foum el Qued an der Küste, und hier meint es der Sand ernst. Den bau einer Mauer, zu welchen Zwecke auch immer, betrachtet die Wüste offenbar als besondere Herausforderung, jedenfalls liegt schon so einiges darunter begraben. Die restlichen Kilometer Küstenstraße bis Laayoune Plage, dem Küstenort zur Verwaltungsmetropole Laayoune, sind wieder mal Entwicklungsprojekt. 4 spurig, am Strand alle 50 Meter Strandhäuser mit WC und was man sonst noch braucht. In Layoone, ursprünglich vor allem auch durch seinen Hochseehafen geprägt, beziehe ich im neuen Verwaltungsdistrikt mit Kommunalgebäuden und Flaniermeilen das Hotel Beauport. Derzeit wohl das Beste vor Ort. Und macht euch einen ganz ordentlichen Eindruck. Wobei ich dem Zimmerzustand und der Ausstattung jetzt keine 3* geben würde, aber es ist okay.
Unglücklicherweise ist auch eine lärmende gastierende Fußballmanschaft eingezogen und ich bekomm ein Zimmer über einer rumorenden Lüftungsanlage. Was ist denn nur immer das Problem mit einem ruhigen Zimmer, am Platz kanns in dem Land ja nicht scheiter. Als Ausgleich ist das Hotelrestaurant ausgezeichnet, es erübrigt sich die Suche nach einer Alternative um vieleicht noch 2€ zu sparen.
Die Wetterverhältnisse heute und die ausgefallenen Stopps in den Flusstälern verschärfen die Frage welche Rückroute ich nehme. Denn zwischen Laayoune Plage und Tan-Tan gäbe es auch eine Innlandsroute, welche aber deutlich länger ist.
Fotoseitig war heute nichts zu reißen. Nicht nur wegen Sturm und Staub, auch weil ich die ganze Zeit Richtung Süden fahre und die Sonne von vorne habe. Ganz schlecht durch die Frontscheibe :-)
Das einzig Gute an dem Wetter war - 2 Polizeikontrollen haben mich durchgewunken und Radarkontrollen oder Militärposten gabs gar keinen :-)
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